"Abgemeldet" – Die Zwangsumsiedlung Sankt Pöltner Juden und Jüdinnen in die jüdischen Sammelwohnungen in Wien 1938-42

WissenschafterInnen des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs erforschen gemeinsam mit St. Pöltner SchülerInnen die Delogierung und Zwangsumsiedlung von niederösterreichischen Juden und Jüdinnen in den Jahren 1938 bis 1942. Der Nationalfonds ist Kooperationspartner dieses im Rahmen von "Sparkling Science", einem Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durchgeführten Projekts.

Die Delogierung und Zwangsumsiedlung in sogenannte Sammelwohnungen am Wohnort und in Wien werden in den Selbstzeugnissen der 1938-1942 aus Niederösterreich vertriebenen Jüdinnen und Juden kaum erwähnt. Weder die Betroffenen selbst noch die zur Shoah forschenden Historiker/innen maßen dieser ersten Vertreibung große Bedeutung zu; zu sehr wurde sie von den nachfolgenden traumatischen Ereignissen überschattet. Das vorliegende Projekt wird daher erstmals anhand von bisher unausgewertetem Archivmaterial und lebensgeschichtlichen Quellen die behördliche Abwicklung einerseits und die Auswirkungen auf die Betroffenen andererseits untersuchen.

Im ersten Teilprojekt forschen zwei sechste Klassen zweier St. Pöltner Realgymnasien (ca. 50 Schüler/innen) zur Familiengeschichte und sozialen Lage der Jüdinnen und Juden ihrer Heimatstadt vor 1938 und zu deren Lebensrealität in den Sammelwohnungen. Basierend auf der eigenen Reflexion, was Wohnen und zu Hause Sein bedeutet, diskutieren die Jugendlichen die Informationen zur Zwangsumsiedlung in den jüdischen Selbstzeugnissen. Wolfgang Gasser dokumentiert ihren Erkenntnisprozess.

Im zweiten Teilprojekt erforscht Philipp Mettauer sowohl die Organisation und Durchführung der Zwangsumsiedlung durch die NS-Behörden als auch Anzahl, Lage, Größe und Ausstattung der Sammelwohnungen in Wien sowie die Lebensrealitäten und Handlungsspielräume ihrer Bewohner/innen. Zur Rekonstruktion der Lebensbedingungen und sozialen Netzwerke der aus St. Pölten Umgesiedelten zieht er die Forschungsergebnisse der Schüler/innen heran. Zudem können einige Jugendliche freiwillig ein Nachkommentreffen der St. Pöltner Juden und Jüdinnen organisieren. Über das Projekt hinaus wird der "Lern- und Gedenkort ehemalige Synagoge St. Pölten" ausgebaut.

Projektleitung

  • Projektleiterin: PD Dr. Martha Keil
  • Mitarbeiter/innen: Dr. Wolfgang Gasser, Dr. Philipp Mettauer, Mag.a Iris Palenik, Albena Zlatanova

Kooperationspartner

Informationen zum Projekt