Ausstellung "Die Hochzeit von Auschwitz"
Die Bestände der Wienbibliothek im Rathaus beherbergen seit kurzem einige Dokumente zu einer außergewöhnlichen Geschichte, die ab morgen in der Ausstellung "Die Hochzeit von Auschwitz" zu sehen ist.
Es ist die Geschichte des Widerstandskämpfers Rudolf Friemel aus Wien, der sich 1936 den Internationalen Brigaden in Spanien anschloss. Dort verliebte er sich in Margarita Ferrer Rey. Am 26. April 1941 kam der gemeinsame Sohn Edouard zur Welt. Dann wurde das Paar getrennt. Rudolf Friemel kam 1942 als politischer Häftling ins KZ Auschwitz. Noch aus dem KZ heraus versuchte er, seine Zivilehe mit Margarita legitmieren zu lassen, um ihr und Edouard einen Aufenthalt im Deutschen Reich zu ermöglichen.
Wie durch ein Wunder wurde sein Ansuchen genehmigt. Rudolfs Vater, seine Frau und ihr gemeinsamer Sohn durften nach Auschwitz kommen, wo am 18. März 1944 die Hochzeit stattfand. Der Fotograf des Erkennungsdienstes, der Häftling Wilhelm Brasse, fotografierte das Paar, dem für die Hochzeitsnacht ein Zimmer im Lagerbordell freigemacht wurde. Nach der Hochzeit trennten sich ihre Wege, ein Wiedersehen gab es nicht. Friemel wurde gemeinsam mit anderen Widerstandskämpfern nach Aufdeckung eines Ausbruchsversuchs 1944 hingerichtet.
Was geblieben ist, sind das Einladungstelegramm und Fotos von der "Hochzeit von Auschwitz" sowie Glückwunschbillets der Mithäftlinge.
Bei der Recherche für die neue Österreich-Ausstellung in Auschwitz konnte der Kontakt zum Enkel von Rudolf Friemel hergestellt werden, der den Nachlass seines Großvaters im Frühjahr 2022 an die Wienbibliothek im Rathaus übergab.
Unter den übergebenen Dokumenten befindet sich auch ein Foto von einem besonderen Wiedersehen. Fast 60 Jahre nach der Hinrichtung Rudolf Friemels traf sein Sohn Edouard zum ersten mal seinen Halbbruder Norbert aus Rudolf Friemels erster Ehe. Das Bild zeigt die beiden vor der Gedenktafel für Ihren Vater in Wien Favoriten.

Ausstellungseröffnung
Zur Eröffnung begrüßten Anita Eichinger, Direktorin der Wienbibliothek im Rathaus, und Patricia Anderle, Abgeordnete zum Wiener Landtag und Gemeinderat, die Gäste.
Anschließend erinnerte sich Rodolphe Friemel, Enkel von Rudolf Friemel, an seine eigene Familiengeschichte, seinen Vater Edouard, der als kleines Kind bei der Hochzeit in Auschwitz 1944 dabei war und den er erst spät über seinen Großvaters Rudolf Friemel befragt hat.
Danach fand ein Gespräch der Kurator*innen der Ausstellung in der Wienbibliothek Hannes Sulzenbacher, Albert Lichtblau und Barbara Staudinger statt, die auch die Österreich-Ausstellung in Auschwitz mitkuratiert haben.
Abschließend las der Schauspieler Robert Reinagl aus Briefen von Rudolf Friemel, die dieser in Auschwitz kurz vor seiner Hinrichtung an seine Ehefrau Margarita geschrieben hatte.
Livestream der Ausstellungseröffnung am 30. Juni 2022 ab 18.30 Uhr aus dem Lesesaal der Wienbibliothek:
Ausstellungsbesuch
Foyer-Ausstellung, Wienbibliothek im Rathaus
1., Rathaus, Eingang Felderstraße, Stiege 6, Glaslift, 1. Stock, T: +43 (0)1 4000 84915
Montag bis Freitag, 9.00 bis 19.00 Uhr, Eintritt frei
Sommerschließzeiten: Vom 1. bis 19. August ist die Ausstellung nach Voranmeldung zu besichtigen.
Führungstermine zur Ausstellung hier.
Links
- „Ich sterbe aufrecht und für meine Ideale“ Artikel zu Rudolf Friemel auf www.auschwitz.at
- Eintrag zu Rudolf Friemel in der Datenbank zu österreichischen Häftlingen in Auschwitz
- Eintrag zu Rudolf Friemel im Österreichischen Biographischen Lexikon
- Pressemitteilung der Stadt Wien zur Ausstellung "Die Hochzeit von Auschwitz"
- Programm und Informationen zur Ausstellungseröffnung der Wienbibliothek im Rathaus