In Memoriam: Marian Turski
Am 18. Februar ist der Holocaust-Überlebende Marian Turski, Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees, 98-jährig in Warschau verstorben.
Marian Turski wurde am 26. Juni 1926 als Mosze Turbowicz geboren; seine Kindheit und Jugend verbrachte er mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder in Lodz. 1940 wurde als er als Pole jüdischer Abstammung mit seiner Familie in das Ghetto Litzmannstadt eingewiesen, wo Marian im linken antifaschistischen Widerstand aktiv war. 1944 wurde er, ebenso wie seine Familie, nach Auschwitz deportiert. Vater und Bruder kamen in Auschwitz ums Leben, seine Mutter wurde nach Bergen-Belsen deportiert. Marian überlebte zwei Todesmärsche, zuerst ins Konzentrationslager Buchenwald, dann nach Theresienstadt, wo er am 8. Mai 1945 befreit wurde.

Nach seiner Befreiung war Marian Turski in Warschau als Journalist tätig, und er ist zeitlebens ein „homo politicus“ geblieben – er war aktiv in der Jugendorganisation der Polnischen Arbeiterpartei, dann in der Presseabteilung der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei; ab 1958 war er Leiter der historischen Redaktion des Nachrichtenmagazins „Politiyka“. Noch im hohen Alter war er journalistisch und politisch engagiert. Er war Vorsitzender des Jüdisch Historischen Instituts in Warschau und einer der Mitbegründer des Museums der Geschichte der polnischen Juden "POLIN" in Warschau.
Über viele Jahren engagierte sich Marian Turski im Internationalen Auschwitz Rat, der die polnische Regierung in allen Angelegenheiten der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau berät, sowie im Internationalen Auschwitz Komitee, dem er seit Juni 2021 als Präsident vorstand.
Marian Turski hat es zu seiner Lebensaufgabe gemacht, Zeugnis abzulegen; sein Einsatz wurde durch zahlreiche Auszeichnungen gewürdigt. Erst im vergangenen Jahr wurde er im Rahmen des Simon-Wiesenthal-Preises 2023 im österreichischen Parlament für sein lebenslanges, leidenschaftliches Engagement geehrt. Er war, wie es Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, einmal so treffend ausgedrückt hat, „weltweit eine der wichtigsten politischen Stimmen der Überlebenden von Auschwitz, die wir in Zeiten des überall aufflackernden antisemitischen Hasses und der Gewaltbereitschaft rechtsextremer Kräfte dringend brauchen.“
Mit Marian Turski hat uns ein beständiger, kluger und mutiger Mahner verlassen. Bis zuletzt hat er nichts von seinem scharfen Verstand und seinem Weitblick eingebüßt. Vor kurzem noch, am 23. Jänner 2025, formulierte er in Berlin anlässlich der Gedenkveranstaltung des Internationalen Auschwitz Komitees zum 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz:
„Wir geben unsere Erinnerungen,
unsere Worte und unsere Stimme weiter.
Unsere Tage, die der Überlebenden, sind gezählt:
Aber wir werden nicht verstummen,
wenn Sie, Sie alle nicht schweigen!“
Diese Botschaft ist zu seinem Vermächtnis geworden.
Marian Turskis Stimme hat über seinen Tod hinaus Gewicht.