Lore Segal 96-jährig in New York verstorben
Die österreichisch-amerikanische Schriftstellerin und Holocaust-Überlebende Lore Segal ist in der Nacht auf den 7. Oktober 2024 in New York verstorben.

Am 8. März 1928 als Lore Groszmann in Wien geboren, musste sie im Alter von zehn Jahren ihre Heimat verlassen und kam mit dem ersten Kindertransport im Dezember 1938 nach England, wo sie bei verschiedenen Pflegefamilien lebte.
Sie begann sehr früh zu schreiben. Nach ihrem Bachelor-Abschluss in Englisch an der University of London im Jahr 1948 lebte sie zunächst in der Dominikanischen Republik und kam im Mai 1951 nach New York. Mit ihrem Mann, dem Lektor David Segal, hatte sie zwei Kinder, die sie nach seinem frühen Tod 1970 mit Unterstützung ihrer Mutter großzog. Zwischen 1968 und 1996 übernahm sie verschiedene Lehrverpflichtungen – von der Columbia University School of the Arts über Princeton, das Bennington College, das Sarah Lawrence College und die University of Illinois bis zur Ohio State University, von der sie 1996 emeritiert wurde.
Lore Segal war auch als Romanautorin, Essayistin, Übersetzerin und Autorin von Kinderbüchern bekannt und gewürdigt – sie erhielt die Clifton Fadiman Medal, ein Guggenheim-Stipendium, den Harold U. Ribalow Prize und ein Stipendium der National Endowments for the Arts and Humanities. Ihre Rezensionen erschienen in der New York Times Book Review und ihre Erzählungen in The New Yorker.
Zahlreiche ihrer Werke wurden zu Klassikern: Ihre Kurzgeschichte The Reverse Bug wurde 1989 in die Best American Short Stories aufgenommen und 1990 mit dem O. Henry Award ausgezeichnet. Ihre Erzählungen Other People's Deaths und Making Good wurden 2008 bzw. 2010 in die O. Henry Prize Stories aufgenommen. Zu Lore Segals Romanen gehören Other People's Houses, zuerst veröffentlicht in The New Yorker, Lucinella und Her First American, das von der American Academy and Institute of Arts and Letters ausgezeichnet wurde. Ihr Roman Shakespeare's Kitchen war einer der drei Finalisten für den Pulitzer-Preis für Belletristik 2008. Im Jahr 2023 veröffentliche Lore Segal Ladies Lunch and Other Stories und wurde im selben Jahr in die Academy of Arts and Letters aufgenommen.
Ende Mai 2023 nahm Lore Segal auf Einladung des Nationalfonds im Österreichischen Kulturforum in New York an einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Eröffnung unserer Ausstellung „Vom Vergessen zum Erinnern“ teil. Am Podium war auch die Publizistin und Übersetzerin Karin Hanta, die in ihrem vom Nationalfonds geförderten Buch „Zurück zur Muttersprache“ in Zusammenhang mit Erinnerungskultur, Exil, Sprache und Übersetzung auch die Erfahrungen von Lore Segal beleuchtet hat.
Unter dem Titel „Ich wollte Wien liebhaben, aber ich habe mich nicht getraut“ zeigt das Bezirksmuseum Wien-Josefstadt aktuell eine vom Nationalfonds unterstützte Ausstellung über Leben und Werk von Lore Segal. Die Schau dokumentiert anhand vieler persönlicher Exponate das Schicksal ihrer Familie, Lores Flucht mit dem Kindertransport nach England sowie Reflektionen über ihre durch Holocaust und Exil geprägten literarischen Werke. An der Eröffnung konnte Lore Segal noch über Zuschaltung teilnehmen. Die Ausstellung ist bis 26. Jänner 2025 zu sehen.