Antragskomitee des Allgemeinen Entschädigungsfonds hat über alle Anträge entschieden

Das Antragskomitee des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus, das 2001 auf Basis des Washingtoner Abkommens zwischen den USA, Österreich und Opferverbänden eingerichtet wurde, hat am 25. Juni 2012 über den letzten von insgesamt 20.702 Anträgen entschieden. Zudem ändert das Antragskomitee seine Verfahrens- und Geschäftsordnung, wodurch die Zustellung von Dokumenten neu geregelt wird.

"Mit der Entscheidung über den letzten Antrag ist eine wichtige Arbeit abgeschlossen worden", sagte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in ihrer Funktion als Kuratoriumsvorsitzende des Nationalfonds und des Allgemeinen Entschädigungsfonds. Jetzt könne mit der Vorbereitung zur Schließung des Entschädigungsfonds begonnen werden. Verhandlungen über eine entsprechende Gesetzesnovelle sollen in den nächsten Monaten geführt werden, so Prammer.

Das Antragskomitee, ein unabhängiges Dreiergremium unter dem Vorsitz von Sir Franklin Berman aus Großbritannien, ist für die Entschädigung von Vermögensverlusten im Zusammenhang mit der NS-Zeit in Österreich zuständig und hat über rund 160.000 geltend gemachte Forderungen entschieden. "Diesen Schritt innerhalb von zehn Jahren erzielen zu können, stellt eine beispielhafte Leistung dar, welche weltweite Anerkennung gefunden hat", bilanziert Sir Franklin über die Tätigkeit des Komitees, dem von amerikanischer Seite G. Jonathan Greenwald und von österreichischer Seite Dr. Kurt Hofmann angehören. "Rund 1,5 Milliarden US-Dollar und über 100.000 Verluste und Schäden wurden anerkannt. Da mit den zur Verfügung stehenden 210 Millionen US-Dollar nur zwischen zehn und 20 Prozent der tatsächlichen Verluste entschädigt werden konnten, können die Zahlungen des Entschädigungsfonds nur als späte Geste der Versöhnung gesehen werden", so Sir Franklin.

Die Arbeit des Antragskomitees ist mit der Entscheidung über alle Anträge allerdings noch nicht beendet, da in rund 2.200 Fällen noch die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs oder der Wiederaufnahme des Verfahrens besteht. Zudem werden die ErbInnen von rund 1.000 AntragstellerInnen gesucht, die vor Erhalt der abschließenden Zahlung des Allgemeinen Entschädigungsfonds verstorben sind. Von rund 3.600 verstorbenen AntragstellerInnen konnte das Antragskomitee die ErbInnen bereits feststellen und das Verfahren damit beenden.

Die Suche nach ErbInnen erfolgt unter anderem mit Hilfe von Anfragen an die österreichische Pensionsversicherungsanstalt, österreichische Botschaften oder Opferorganisationen im In- und Ausland. Künftig sollen potentielle ErbInnen auch über das soziale Netzwerk Facebook gesucht und kontaktiert werden, das auch von älteren Generationen genutzt wird.

Mit der Änderung der Verfahrens- und Geschäftsordnung des Antragskomitees können künftig, wenn keine Zustelladresse bekannt ist, Zustellungen auch durch Hinterlegung beim Generalsekretariat des Allgemeinen Entschädigungsfonds vorgenommen werden. Solche Hinterlegungen werden auf der Website des Allgemeinen Entschädigungsfonds unter Wahrung der Anonymität der Leistungsberechtigten bekannt gemacht. Alle Dokumente, die bis 31. Dezember 2013 nicht zugestellt werden konnten, werden hinterlegt.

Der Allgemeine Entschädigungsfonds wurde 2001 zur umfassenden Lösung offener Fragen der Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus für Verluste und Schäden, die als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich während der Zeit des Nationalsozialismus entstanden sind, durch das Entschädigungsfondsgesetz eingerichtet und mit 210 Millionen US-Dollar dotiert. Jene Vermögensverluste, die bislang von früheren österreichischen Rückstellungs- oder Entschädigungsmaßnahmen nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt wurden, stehen hier im Vordergrund. Den größten Bereich der anerkannten Verluste stellten dabei die berufs- und ausbildungsbezogenen Verluste sowie die liquidierten Betriebe dar, für die es bisher noch keine entsprechenden Entschädigungsmaßnahmen gab.