Bericht über die Buchpräsentation "Exil in Australien"
Am Dienstag, 2. Oktober 2018, stellte der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus in den Räumlichkeiten der Australischen Botschaft in Wien den fünften Band der von ihm herausgegebenen Buchreihe „Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus“ zum Schwerpunkt „Exil in Australien“ vor.
Das Interesse an der Veranstaltung war groß – der Saal im dritten Stock des Winterthur-Gebäudes mit wunderbarem Blick auf den Karlsplatz war gut gefüllt. Rund 140 BesucherInnen waren gekommen, um sich über die Fluchtgeschichten vom Nazi-Regime verfolgter ÖsterreicherInnen nach Australien zu informieren. Die Journalistin und Historikerin Dr.in Barbara Tóth führte durch den Abend.
Der Hausherr, SE Botschafter Dr. Brendon Hammer, eröffnete die Veranstaltung und betonte in seiner Begrüßung unter anderem die Bedeutung der österreichischen EmigrantInnen für die australische Gesellschaft. Etwa 2.000 österreichische Flüchtlinge seien allein von 1938 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 in Australien angekommen und hätten die australische Gesellschaft in Wissenschaft, Kultur und Medizin enorm beeinflusst und bereichert:
„I consider the publication of Exile in Australia, and today’s event, not only as a commemoration to those who have suffered enormous pain, death and injustice during one of the darkest periods of Western civilisation, but as an opportunity to promote and advance healing; to build bridges and promote tolerance; to recognize the importance of exchange and fostering understanding; to show respect and to cherish diversity; to value the peace and freedom that we all now have within the world’s liberal democracies; and to think carefully about the political choices we will all be asked to make as we take our democratic project forward.“
Der Präsident der Österreichisch-Australischen Gesellschaft, Abg.z.NR Dr. Reinhold Lopatka, vertrat Nationalratspräsidenten Mag. Walter Sobotka, den Vorsitzenden des Nationalfonds-Kuratoriums, und dankte in seinen Begrüßungsworten dem Nationalfonds für seine unerlässliche und wichtige Arbeit in der Weitergabe von Wissen um den Nationalsozialismus. Er betonte auch die Verantwortung und Verpflichtung, parteiübergreifend im Parlament dieser Aufgabe nachzukommen. Solange es ZeitzeugInnen gebe, müssten ihre Erlebnisse authentisch festgehalten werden.
Die Generalsekretärin des Nationalfonds, Mag.a Hannah Lessing, begrüßte besonders die anwesenden Nachkommen von ZeitzeugInnen, deren Erinnerungen in Band 5 der Buchreihe festgehalten sind: „Das Schicksal der Verfolgung und Vertreibung wirkt über die Generationen fort. Wir können heute nur versuchen, manche Bande, die damals durch die Vertreibung der Eltern oder Großeltern so grausam zerrissen wurden, mit den Kindern und Kindeskindern neu zu knüpfen – ich hoffe, dass dieses Buch ein Beitrag dazu sein kann.“
Die Herausgeberin und wissenschaftliche Leiterin des Nationalfonds, Dr.in Renate S. Meissner, präsentierte schließlich Band 5 und ging in ihrem Vortrag auf die Besonderheiten der Publikation wie etwa die unterschiedlichen Textsorten, die Verwendung von Fotoalben, die verschiedenen Erzählperspektiven, das umfangreiche Glossar, die Zeitachse sowie die Fluchtverläufe ein. Auch einzelne Familiengeschichten wurden von ihr vorgestellt, die Einblick in die vielfältigen Flucht- und Deportationswege so vieler Menschen geben.
Im anschließenden Gespräch von Dr.in Tóth mit den Nachkommen von ZeitzeugInnen, Amber Kehm, Mag.a Susanne Altschul, Tania de Jong AM und Dr. Yves Laisné, wurden die unterschiedlichen Bewältigungsstrategien der Familien sichtbar. Während Frau Mag.a Altschuls Vater mit seiner australischen Ehefrau bald nach Österreich zurückkehrte, um das Land wieder mit aufzubauen, wollte Frau Kehms Großmutter nie wieder nach Österreich kommen. Anders Tania de Jongs Mutter, die als kleines Mädchen in Australien ankam und dort als Erwachsene ein Museum mit Mobiliar und Kunstwerken ihrer Familie errichtete und so ein kleines Stück Wien nach Australien brachte. Tania de Jong selbst ist beruflich weltweit unterwegs und betonte, „Home is where the heart is.“ Der Cousin ihrer Mutter, Dr. Yves Laisné, ist in Frankreich aufgewachsen – seine Mutter und seine Tante haben sich nur noch einmal nach dem Krieg wieder gesehen, waren aber dennoch zeitlebens eng verbunden.
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von der charismatischen Sängerin Tania de Jong, die Menschen weltweit auf Konzerten und Kongressen durch ihren Gesang und ihre Keynotes inspiriert. Ihr gelang es, die BesucherInnen der Buchpräsentation durch ihre Liedauswahl und ihren Vortrag emotional zu berühren und zum Mitsingen zu animieren.
Beim anschließenden Empfang, zu dem der Botschafter lud, gab es noch Gelegenheit zum angeregten Austausch.
Der Nationalfonds dankt der Australischen Botschaft an dieser Stelle für die wunderbare Kooperation und dem Jewish Welcome Service Vienna, das es mitermöglichte, Nachkommen von ZeitzeugInnen einzuladen.
Nähere Informationen zur Buchreihe „Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus“ und im Speziellen zu Band 5 „Exil in Australien“ sowie Bestellmöglichkeit: