FK Austria Wien stellt sich seiner Vergangenheit
Der Fußballklub Austria Wien hat am Montag im Café Landtmann ein vom Nationalfonds gefördertes wissenschaftliches Forschungsprojekt vorgestellt, das sich mit der Geschichte des Klubs in der Zeit des Nationalsozialismus in Österreich (1938–1945) beschäftigen wird.
Unterstützt wird das Projekt neben dem Nationalfonds von Zukunftsfonds und der Stadt Wien, deren RepräsentantInnen auch am Podium vertreten waren. Markus Kraetschmer, der Vorstand der FK Austria Wien AG, betonte, wie wichtig es sei, sich seiner Historie zu stellen. Die Zeit während des Nationalsozialismus sei bereits in Teilaspekten beleuchtet worden - so sei die Austria der erste Klub in Österreich mit einem eigenen Museum. Im Zuge dieses Projektes wird die Geschichte nun im Detail aufgearbeitet.
Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds, hob ihre besondere Verbindung zur Austria hervor. Sie sei seit ihrer frühesten Kindheit ein großer Fan und war mit dem 2015 verstorbenen, ehemaligen Klubsekretär und Auschwitz-Überlebenden Norbert Lopper eng befreundet. Lessing betonte, dass der Nationalfonds seit seinem Bestehen rund 1.600 Projekte unterstützt hat. Viele Projekte setzten sich zum Ziel, die Vergangenheit so aufzubereiten, dass junge Generationen daraus lernen können. Dies sei vor allem in Hinblick auf den verbreiteten Nationalismus bei Fanclubs ein wichtiger Aspekt.
Der Wiener Sport- und Wissenschaftsstadtrat, Andreas Mailath-Pokorny, wies darauf hin, dass bei dem Projekt die trügerische Legende vom unpolitischen Sport aufgedeckt werde, da Fußball ein untrennbarer Teil gesellschaftlicher Veränderung und somit politischen Konjunkturen unterworfen sei.
Das Projektteam, das vom Sportjournalisten und Buchautor Johann Skocek geleitet wird und dem die Historiker Rudolf Müllner, Matthias Marschik und Bernhard Hachleitner angehören, wird in dem auf 15 Monate anberaumten Projekt unter anderem folgenden Fragen nachgehen: Wie wirkte sich der "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich 1938 auf den Verein, die Funktionäre, Spieler und Fans aus? Welche Handlungsspielräume und Verantwortlichkeiten hatten einzelne Proponenten? Dabei sollen nicht nur neue Erkenntnisse zutage befördert, sondern auch bereits bekannte Geschichten wie etwa um den "Jahrhundert-Austrianer" Matthias Sindelar oder die nur kurzzeitige Umbenennung in "Sportklub Ostmark" auf Stichhaltigkeit und Kausalitäten abgeklopft werden.
Das Forschungsprojekt soll auch dazu beitragen, gegenwärtige Tendenzen von Fremdenfeindlichkeit oder Gewalt in der Sprache im Fansektor besser verstehen bzw. unterbinden zu können. Die Forschungsergebnisse werden anschließend in einem Buch zusammengefasst und publiziert.