Nachruf Marko Feingold
Holocaust-Überlebender Marko Feingold 106-jährig verstorben
Marko M. Feingold, langjähriger Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg und mit 106 Jahren der älteste Holocaust-Überlebende Österreichs, ist am 19. September 2019 in Salzburg verstorben.
1913 in Neusohl (Banská Bystrica) im damaligen Königreich Ungarn geboren, wuchs Marko Feingold mit seinen Geschwistern in Wien Leopoldstadt auf. 1938 wurde er in Wien verhaftet. Er floh nach Prag, wurde nach Polen ausgewiesen und nach seiner Rückkehr nach Prag erneut verhaftet. Marko Feingold überlebte vier Konzentrationslager: Von Auschwitz kam er über Neuengamme und Dachau 1941 ins KZ Buchenwald, wo er bis zur Befreiung interniert war. Von seiner Familie überlebte außer ihm niemand den Holocaust.
Durch Zufall kam Marko Feingold nach Salzburg, wo er sich von Anfang an der Unterstützung anderer Holocaust-Überlebender widmete. So half er zwischen 1945 und 1948 jüdischen Überlebenden in DP („displaced persons“) -Lagern und aus Mittel- und Osteuropa mit der Flüchtlingsorganisation Bricha bei der Auswanderung nach Palästina.
Als langjähriger Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg setzte er sich konsequent für interkonfessionellen Dialog und Verständigung ein.
Marko Feingold hat die Geschichte der Republik Österreich nicht nur von Beginn an erlebt und durch alle wechselhaften Zeiten begleitet, sondern mit seinem Einsatz als wacher Mahner gegen Antisemitismus auch maßgeblich geprägt. Zahlreiche vom Nationalfonds unterstützte Projekte beschäftigten sich mit seiner außergewöhnlichen Lebensgeschichte.
Marko Feingold nahm als Zeitzeuge selbst aktiv an Projekten teil, zuletzt an der interaktiven Theaterproduktion "Ins gelobte Land! - Eretz Austria!". Eindrucksvoll in Erinnerung sind auch seine Teilnahme an der Produktion "Die letzten Zeugen" am Wiener Burgtheater 2013/2014 sowie seine Mitwirkung am "Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus" 2016 im österreichischen Parlament.
Es war immer eine besondere Erfahrung, Marko Feingold als Zeitzeugen erleben zu dürfen: Wie kaum ein anderer konnte er mit seinem feinen Humor, seiner Offenheit und seinem Charisma auf junge Menschen zugehen und ihnen nicht nur ein tieferes Verständnis für Geschichte, sondern auch Empathie mit den Opfern vermitteln.
Die Generalsekretärin des Nationalfonds, Hannah Lessing, erinnert sich an Marko Feingold nicht nur als großen Zeitzeugen: „Marko Feingold war ein großartiger Mensch, der mir über die Jahre zu einem lieben Freund geworden ist. Sein Humor und seine Menschenliebe, die er sich auch durch die schlimmsten Unrechtserfahrungen nicht hat nehmen lassen, waren mir immer Inspiration und vermittelten Hoffnung. Mein besonderes Mitgefühl gilt seiner wunderbaren Frau Hanna, die stets die unterstützende Kraft an seiner Seite war.“
„Die größten Menschen sind jene, die anderen Hoffnung geben können.“ (Jean Jaurès)
Mit Marko Feingold müssen wir Abschied nehmen von einem großen Hoffnungsgeber. Doch die Saat seiner bis zuletzt unermüdlichen Arbeit wird durch alle, die ihn kennnenlernen durften, weitergetragen.