Nationalbibliothek restituiert NS-Raubgut an den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus

Am 1. Juni 2010 übernahm Nationalratspräsidentin Mag.a Barbara Prammer als Vorsitzende des Kuratoriums des Nationalfonds im Rahmen einer Gedenkfeier in der Österreichischen Nationalbibliothek symbolisch drei von 8.363 in der NS-Zeit entzogenen Bücher, deren frühere Eigentümer oder Eigentümerinnen trotz intensiver Nachforschungen nicht eruiert werden konnten. Die Werke wurden daher entsprechend dem Kunstrückgabegesetz dem Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus übergeben.

"Für den Nationalfonds ist heute ein besonderer Tag", so Generalsekretärin Mag.a Hannah Lessing in ihrer Rede: "Seit das Kunstrestitutionsgesetz vor zwölf Jahren 1998 in Kraft getreten ist, werden nun erstmals Kunstgegenstände an den Nationalfonds übereignet, deren Erlös Opfern des Nationalsozialismus zu Gute kommen kann."

Die übereigneten Bücher wurden anschließend von der Nationalbibliothek um 135.000 Euro zurückgekauft. Generalsekretärin Lessing kündigte an, "den Erlös aus diesen einst geraubten Objekten im Sinne der Bestimmungen des Nationalfondsgesetzes jenen zukommen zu lassen, denen er wohl am ehesten zusteht: Denen, die – ebenso wie die ursprünglichen Eigentümerinnen und Eigentümer dieser Bücher – durch das nationalsozialistische Regime verfolgt wurden. Sie, die im Gegensatz zu jenen das Glück hatten, zu überleben, brauchen heute im Alter unsere besondere Unterstützung."

Bei den übergebenen Druckschriften handelt es sich "ausschließlich um Objekte, die keinerlei Hinweis auf eine/n ehemalige/n BesitzerIn tragen", wie die Nationalbibliothek in einer Aussendung betonte. Der im Dezember 2003 fertig gestellte Provenienzbericht listete 52.403 Objekte auf, die von der Nationalbibliothek in der NS-Zeit erworben worden waren. Auf Basis dieses Berichts und der Überprüfung durch den Kunstrückgabebeirat wurden in den letzten Jahren 35.217 Einzelobjekte an die rechtmäßigen Erben und Erbinnen der ehemals Verfolgten zurückgegeben, so Generaldirektorin Dr.in Johanna Rachinger bei der Gedenkfeier. Die Übergabe der rund 8.000 erblosen Bücher an den Nationalfonds sowie der gleichzeitige Rückkauf der Druckschriften durch die Nationalbibliothek bezeichnete Rachinger als "Meilenstein in Richtung unserer Bemühungen um eine vollständige Restitution aller in der NS-Zeit unrechtmäßig in die Bestände der Nationalbibliothek aufgenommenen Bücher und Sammlungsobjekte."

Vorrangiges Ziel des Nationalfonds war es immer, noch möglichst viele ursprüngliche Eigentümer bzw. Eigentümerinnen oder deren Nachkommen zu erreichen. Um diesem Ziel näher zu kommen, richtete der Nationalfonds 2006 unter http://www.kunstrestitution.at eine eigene Kunst-Datenbank ein, mit deren Hilfe eine gezielte Onlinesuche nach Kunst- und Kulturgegenständen ermöglicht wurde, die sich heute in Museen und Sammlungen der Republik Österreich oder der Stadt Wien befinden und bei denen nach aktuellem Stand der Provenienzforschung die Möglichkeit besteht, dass sie in der NS-Zeit entzogen wurden.

"Dabei war und ist es uns besonders wichtig, nicht nur dem Gesetz formal Genüge zu tun, sondern tatsächlich alle Mittel zur Veröffentlichung so effizient wie möglich auszuschöpfen. Keiner berechtigten Person soll ein Erbstück, das für sie und ihre Familie ja meist auch einen persönlichen Wert darstellt, vorenthalten werden. Die Übereignung an den Nationalfonds und die anschließende Verwertung von Kunstgütern soll folglich in jedem Fall die ultima ratio sein", betonte Generalsekretärin Lessing bei der Gedenkfeier.

Nationalratspräsidentin Prammer berichtete, dass auch die Bestände der Parlamentsbibliothek seit Beginn des Jahres auf ihre Provenienz und gegebenenfalls Restitution überprüft werden. Dies erfolgt in Umsetzung der Novellierung des Kunstrückgabegesetzes 2009, um nicht nur Kunstgegenstände in Museen, sondern sämtliches bewegliches Kulturgut im Bundeseigentum zu untersuchen.