Bericht über die Präsentation des Ausstellungskonzeptes und des Dokumentationsbandes am 2. Juni 2015 im Wien Museum
Am 2. Juni 2015 präsentierte das Team der KuratorInnen und WissenschafterInnen – Birgit Johler (Kuratorin), Albert Lichtblau (wissenschaftlicher Leiter), Christiane Rothländer (Historikerin), Barbara Staudinger (Kuratorin), Hannes Sulzenbacher (Kurator und Projektleiter) – im Wien Museum am Karlsplatz ihr Ausstellungskonzept "Entfernung. Österreich in Auschwitz" für die neue Österreich-Ausstellung im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau. Mit ihnen gemeinsam zeigte der kürzlich beauftragte Architekt Martin Kohlbauer dem Publikum die Gestaltungsideen zur Umsetzung der kuratorischen Ziele.
In diesem Rahmen wurden die anwesenden Gestalter der bisherigen Österreichischen Gedenkstätte in Auschwitz gewürdigt, die 1978 eröffnete wurde. Ein umfassender, vom Nationalfonds herausgegebener Dokumentationsband über die Gedenkstätte im zeithistorischen Kontext wurde an dem Abend erstmals der Öffentlichkeit gezeigt.
Bildergalerie zur Veranstaltung am 2. Juni 2015 im Wien Museum
In ihrer Einleitung betonte Hannah Lessing, Generalsekretärin des mit der Koordinierung der Neugestaltung beauftragten Nationalfonds der Republik Österreich, die bemerkenswerte Arbeit des Ausstellungsteams und wies auf die Herausforderung einer Neugestaltung der Ausstellung hin, die ein zeitgemäßes Geschichtsbild Österreichs vermitteln soll. Der Weg bis zur Neugestaltung habe sich schwierig gestaltet – jahrzehntelang habe die Opferthese die offizielle österreichische Geschichtsauffassung dominiert.
Lessing verwies auch auf die wichtige Bedeutung der bisherigen Ausstellung, die maßgeblich von Auschwitz-Überlebenden mitgestaltet worden war. Deshalb sei es allen mit dem Neugestaltungsprojekt verbundenen Gremien ein Anliegen gewesen, diese entsprechend zu würdigen und als zeithistorisches Dokument für die Nachwelt zu erhalten.
Unter Anwesenheit des damaligen Architekten, Mag. Ing. Robert Kanfer und des wissenschaftlichen Projektleiters im DÖW, em. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer präsentierte Hannah Lessing den eben erschienenen Dokumentationsband und überreichte ihn persönlich an die damals Beteiligten.
In einem sehr emotionalen Moment erinnerte Lessing an den im April verstorbenen Auschwitz-Überlebenden und Ehrenvorsitzenden des Gesellschaftlichen Beirats der Neugestaltung, Norbert Lopper und überreichte seiner Witwe und seinem Sohn den Dokumentationsband, in dem auch ein Interview mit Norbert Lopper abgedruckt ist.
Der Direktor des Wien-Museums Matti Bunzl führte anschließend ein angeregtes Gespräch mit Ausstellungsteam und Ausstellungsgestalter Architekt Martin Kohlbauer.
Martin Kohlbauer, der im März 2015 nach einer europaweiten Ausschreibung vom Nationalfonds mit der Gestaltung beauftragt wurde, stellte zunächst seinen Gestaltungsentwurf vor, der mit einem minimalistischen Gestaltungsansatz dem Thema gerecht werden soll: "Mit einem sehr klaren und einfachen Raum im Raum-Konzept habe ich versucht, sowohl den inhaltlichen Vorgaben und Ideen, als auch dem gänzlich unfassbaren Ort Rechnung zu tragen."
Anhand der Gestaltungsentwürfe Kohlbauers erläuterten die KuratorInnen und HistorikerInnen ihre Grundgedanken zur neuen Ausstellung und gaben Einblick in den aktuellen Stand ihrer Arbeiten. Die Ausstellungsidee "Entfernung. Österreich in Auschwitz" verweist auf die geografische Entfernung zwischen Österreich und Auschwitz, zugleich aber auch auf die physische Entfernung der nach Auschwitz Deportierten, aus Österreich und aus dem Leben. Die Ausstellung setzt diese Entfernungen in den Mittelpunkt und bringt den Anfang der Geschichte in Österreich und deren Ende in Auschwitz den BesucherInnen nahe, "ent-fernt" also gleichsam die beiden historischen Orte. Die in der Darstellung verschränkte Geschichte der österreichischen Opfer und TäterInnen soll zu einer adäquaten Vermittlung der Rolle Österreichs in der Geschichte des Nationalsozialismus beitragen.
Abschließend stellte Barbara Staudinger die Postkartenedition "Auschwitz / Österreich. Zeichnungen von Jan Kupiec (1945)" vor. Im Zuge seiner Recherchen für die neue Ausstellung stieß das kuratorische und wissenschaftliche Team in den Sammlungen des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau auf Ansichtskarten mit österreichischen Sehenswürdigkeiten, auf deren Rückseiten der polnische Auschwitzüberlebende Jan Kupiec nach seiner Befreiung 1945 in Mauthausen/Ebensee Szenen aus den Konzentrations- und Vernichtungslagern Auschwitz und Birkenau gezeichnet hatte. Diese aus 13 Karten bestehende Edition greift auch den kuratorischen Grundgedanken der "Entfernung" zwischen den Orten Auschwitz und Österreich auf.
Staudinger abschließend: „Die Postkarten in einer Edition nach Österreich zu holen, ist ein Beitrag, diese beiden Orte im kollektiven Gedächtnis einander näherzubringen.“