#WeRemember zum Internationalen Holocaust Gedenktag 2023
Anlässlich des bevorstehenden Internationalen Holocaust Gedenktags am 27. Jänner - dem Tag der Befreiung des KZ Auschwitz vor 78 Jahren - beteiligt sich der Nationalfonds an der Kampagne #WeRemember.

Menschen, die nach dem "Anschluss" Österreichs verfolgt wurden, als Häftlinge in Auschwitz waren und nach ihrer Befreiung Zeugnis abgelegt haben, werden in den kommenden Tagen zu Wort kommen; Zitate, Fotos und Kurzbiografien geben einen Eindruck von ihrem Leben und Überleben.
Ihre Erinnerungen sind in Band 6 der vom Nationalfonds herausgegebenen Buchreihe „Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus“ publiziert, der dem "Überleben in Auschwitz" gewidmet ist. Die zweibändige Publikation wurde anlässlich der Eröffnung der neuen Österreich-Ausstellung in Auschwitz im Oktober 2021 herausgegeben - 20 autobiografische Zeugnisse von Überlebenden aus unterschiedlichen Opfergruppen geben einen tiefen Einblick in Lageralltag, Tod und Überleben in Auschwitz.
Zudem dokumentieren Einträge von Besucher*innen der neuen Österreich-Ausstellung in Auschwitz im digitalen Gästebuch das Erinnern und Gedenken. Mit Texten oder Zeichnungen drücken sie ihre Eindrücke und Gefühle beim Besuch der Ausstellung aus. Diese werden auf der Website der Ausstellung und an verschiedenen öffentlichen Orten in Österreich gezeigt.
Die Publikation "Überleben in Auschwitz" kann über den Nationalfonds bezogen werden.
Die Website zur neuen Österreich-Ausstellung in Auschwitz mit Biografien von österreichischen Auschwitz-Häftlingen und dem digitalen Gästebuch
24. Jänner 2023 - Ella Lingens
Ella Lingens, geb. Reiner wurde am 18. November 1908 in eine wohlhabende Wiener Familie geboren. Sie besuchte eine Privatschule und trat als Jugendliche der sozialdemokratischen Partei bei. Ella studierte zunächst Jus und danach Medizin. Im März 1938 heiratete sie ihren Studienkollegen Kurt Lingens, am 3. August 1939 kam ihr gemeinsamer Sohn Peter Michael zur Welt. Gemeinsam mit ihrem Ehemann sowie dem Studienkollegen Karl Motesiczky half Ella Lingens nach dem „Anschluss“ verfolgten Jüdinnen und Juden. Das Haus von Karl Motesiczky diente als Versteck, sie wurden mit Lebensmitteln versorgt und bei den Vorbereitungen zur Flucht unterstützt.
1942 wurde die Gruppe verraten und verhaftet. Kurt Lingens wurde einer Strafkompanie zugeteilt, während Karl Motesiczky nach Auschwitz deportiert und ermordet wurde.
Ella Lingens selbst wurde nach mehrmonatiger Haft ebenfalls nach Auschwitz deportiert und musste dort – ohne bisherige praktische Erfahrung – als Ärztin im Krankenrevier arbeiten, wo sie dem Lagerarzt Josef Mengele unterstellt war. Nachdem sie von einer Erkrankung mit Fleckfieber genesen war, wurde sie 1944 nach Dachau zur Arbeit als Ärztin in einem Frauen-Außenkommando überstellt und dort im April 1945 befreit. Sie starb am 30. Dezember 2002 in Wien.
Ella Lingens Lebensgeschichte "Auschwitz war anders" ist in Band 6/2 der Buchreihe „Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus“, der sich dem "Überleben in Auschwitz widmet, publiziert.
Zur Biografie von Ella Lingens: https://www.auschwitz.at/ella-lingens
25. Jänner 2023 - Susan Cernyak-Spatz
Susan Cernyak-Spatz wurde am 27. Juli 1922 als Susanne Eckstein in Wien geboren; sie wuchs in gutbürgerlichen Verhältnissen in Döbling auf.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 konnten Susanne und ihre Mutter nach Prag flüchten, wo Susannes Vater auf sie wartete, der kurz vor dem „Anschluss“ aus beruflichen Gründen dorthin gereist war. In Prag lebte die Familie in einer kleinen Wohnung zusammen.
Im Mai 1942 wurden Susanne und ihre Mutter schließlich nach Theresienstadt deportiert. Susanne wurde direkt nach ihrer Ankunft in das Lager eingewiesen, ihre Mutter noch am selben Tag weiter in den „Osten“ transportiert und in Sobibór ermordet.
Susanne wurde 1943 ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Im Januar 1945 kam sie im Zuge der Evakuierung der Häftlinge auf einem Todesmarsch ins Frauen-KZ Ravensbrück.
Anfang Mai 1945 wurde Susanne befreit.
1946 emigrierte sie mit ihrem Ehemann in die USA, wo sie bis zu ihrer Emeritierung an der University of North Carolina arbeitete. Sie starb am 17. November 2019 in Charlotte, North Carolina.
Susanne Cernyak-Spatz' Lebensgeschichte "Lektionen des Überlebens" ist in Band 6/2 der Buchreihe „Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus“ publiziert, der sich dem "Überleben in Auschwitz" widmet.
26. Jänner 2023 - Freddie Knoller
Heute vor einem Jahr, am 26. Jänner 2022, starb Freddie Knoller im Alter von 100 Jahren.
Freddie Knoller kam am 17. April 1921 in Wien zur Welt. Seine Eltern, Marja und David Knoller, stammten aus der Ukraine. Er lebte mit seiner Familie – seinen Eltern und seinen zwei älteren Brüdern Eric und Otto – bis zum November 1938 in Wien. Die Erfahrungen, die Freddies Eltern am eigenen Leib in der „Reichskristallnacht“ gemacht hatten, und der Umstand, dass sie gute Kontakte zu Belgien hatten, bewogen sie, ihn zu Freunden der Familie in Antwerpen in Belgien zu schicken. Auch seine Brüder wurden außer Landes gebracht, Eric in die Vereinigten Staaten und Otto nach Großbritannien. Als Freddie Wien verließ, sah er seine Eltern zum letzten Mal. Sie wurden 1942 nach Theresienstadt und 1944 nach Birkenau deportiert und kamen dort ums Leben.
Freddie flüchtete im Juli 1943 nach Südfrankreich und arbeitete für die Résistance, wurde jedoch verraten und ins Lager Drancy gebracht und im Oktober 1943 ins KZ Auschwitz deportiert. Auf dem Todesmarsch wurde gelangte er über das KZ Mittelbau-Dora weiter ins Lager Bergen-Belsen. Dort wurde er am 14. April 1945 befreit.
Freddie Knollers Lebensgeschichte "Jedes Ereignis in meiner Geschichte führt hin zu Auschwitz" ist in Band 6/2 der Buchreihe „Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus“ publiziert, der sich dem "Überleben in Auschwitz widmet.
27. Jänner 2023 - Internationaler Holocaust Gedenktag
Am 27. Jänner 1945 – vor genau 78 Jahren – wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz von der Roten Armee befreit.
In den Tagen und Wochen davor wurde das Lager durch die Lager-SS evakuiert; arbeitsfähige Häftlinge wurden in Richtung Westen deportiert und auf die sogenannten „Todesmärsche“ geschickt. Zurück im Lager blieben Kinder, ältere Menschen oder Kranke - viele von ihnen starben noch nach der Befreiung aufgrund von Krankheiten, Hunger oder Mangelernährung.
Heute, am Jahrestag der Befreiung und dem Internationalen Gedenktag, halten wir inne. We remember.
Die österreichische Länderausstellung „Entfernung. Österreich und Auschwitz“ im Block 17 in der heutigen Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau thematisiert auch die Tage und Wochen rund um die Befreiung des Lagers. Zum Zeitpunkt der Befreiung waren noch ungefähr 35 Österreicherinnen und Österreicher im Lager bzw. in den Nebenlagern. Unter ihnen war Otto Wolken: Dem als Häftling im Krankenbau in Birkenau tätigen Arzt gelang es, heimlich Statistiken über die Aufnahmen, Sterberaten und Selektionen in Birkenau zu führen. Nach dem Krieg war er ein wichtiger Zeuge in Prozessen gegen die Lager-SS.
Der Besuch der österreichischen Länderausstellung ist während der Öffnungszeiten der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau möglich. Besuchen Sie auch die Website zur Ausstellung.
Paul Grünberg
Unter denen, die Auschwitz überlebt haben, war auch der Österreicher Paul Grünberg.
Paul Grünberg wurde am 24. Jänner 1923 als einziger Sohn von Oskar und Else Grünberg in Wien geboren, wo er zusammen mit seinen Eltern und seinen Großeltern mütterlicherseits lebte. Seine Schneiderlehre musste er 1938 abbrechen; 1939 wurde er 16-jährig gemeinsam mit seinem Vater nach Buchenwald deportiert, wo sein Vater starb. Paul wurde 1942 nach Auschwitz und danach weiter nach Monowitz verschleppt, wo er unter anderem in der Schreibstube eingesetzt war. Insgesamt überlebte er sechs Jahre lang die Konzentrationslager Buchenwald, Auschwitz I-Stammlager, Auschwitz III-Monowitz und Neu-Dachs.
Paul Grünberg ist am 8. April 2018 in Wien verstorben.
Paul Grünbergs Lebensgeschichte "Es kommt keiner von euch lebend davon" ist in Band 6/2 der Buchreihe "Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus“ publiziert, der sich dem "Überleben in Auschwitz" widmet.
28. Jänner 2023 - Ceija Stojka
Heute vor 10 Jahren, am 28. Jänner 2013, ist die Auschwitz-Überlebende Ceija Stojka in Wien gestorben.
Als Margarethe Horvath wurde sie am 23. Mai 1933 in Kraubath an der Mur in der Steiermark geboren. Ihre Familie gehört zur Gruppe der Lovara-Roma, die seit dem 19. Jahrhundert in Österreich Pferdehandel betrieben. Ceijas Eltern Karl „Wakar“ Stojka und Maria „Sidi“, geb. Rigo waren fahrende Pferdehändler, die über den Winter ihren Stammplatz in Wien hatten. Ceija wuchs mit ihren fünf Geschwistern Kathi, Mitzi, Johann „Mongo“, Karl und Ossi auf.
1941 wurde ihr Vater verhaftet, ins KZ Dachau und im selben Jahr auf Schloss Hartheim, einer Tötungseinrichtung der Nationalsozialisten in Oberösterreich, ermordet. 1943 wurde sie mir ihrer Mutter, ihrer Schwester Mitzi und ihren drei Brüdern in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert, wo ihr kleiner Bruder Ossi an Flecktyphus starb. Ihre Schwester Kathi, die im „Zigeuner-Anhaltelager“ Lackenbach im Burgenland inhaftiert worden war, traf Ceija in Auschwitz wieder.
Ceija Stojka überlebte die KZ Auschwitz-Birkenau, Ravensbrück und Bergen-Belsen. Als Schriftstellerin und Malerin verarbeitete sie ihre Erfahrungen aus den Lagern.
Ceija Stojkas Lebensgeschichte "Und es hat nicht aufgehört, bis heute nicht" ist in Band 6/1 der Buchreihe „Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus“, der sich dem "Überleben in Auschwitz" widmet, publiziert.