Hubert Amberger

Er tauchte mich immer und immer wieder in diesen Wäschetrog ...

Hubert Amberger wurde am 1. Dezember 1934 in Untermeislingen/Niederösterreich geboren. Von November 1940 bis April 1945 war er mit seiner Familie im "Zigeunerlager" Lackenbach [1].

Während seiner Zeit im "Zigeunerlager" Lackenbach musste Hubert Amberger Zwangsarbeit auf einer benachbarten Landwirtschaft leisten.

Ich möchte anmerken, dass mir gegen Kriegsende ein traumatisches Ereignis widerfuhr: Der Bauer, bei dem ich als Kind zur Zwangsarbeit gezwungen wurde, wollte mich in einem Wassertrog ertränken.

Frühmorgens trieb ich seine Kuhherde auf das Feld. Ich sollte die Kuhherde des Bauern (ca. 15 Kühe) auf dem frisch abgemähten Weizenfeld halten, was jedoch unmöglich war, da neben dem Feld ein Kleefeld war. Stundenlang versuchte ich, die Kühe von dem Feld fernzuhalten, was mir jedoch nicht gelang, da ich ohne Schuhe war und meine Füße schon blutig von den Stoppeln waren.

Da alle Bauern der Umgebung gemeinsam auf unserem Hof am Weizendreschen waren (oft die ganze Nacht), wurde ich erst, als sie mit dem Dreschen fertig waren, von einem Polen namens Julius abgeholt. Aus der Sicht des Bauern wäre es natürlich eine Katastrophe gewesen, da die Kühe durch den vielen Klee hätten kaputt gehen können. Als wir mit den Kühen den Hof erreichten, sah der Bauer sofort dieses Unheil. Er tauchte mich immer und immer wieder in diesen Wäschetrog, zwischendurch musste ich immer wieder zur Bäuerin, die mich laufend ins Gesicht geschlagen hat. Dann musste ich wieder zum Bauern, der mich wieder untertauchte. Und so ging es stundenlang hin und her, bis der Pole Josef reinkam und sagte, dass es den Kühen wieder besser gehe. Da haben sie endlich aufgehört.

Die Folgen dieses Ereignisses bekomme ich täglich zu spüren: Ich kann keine Flüssigkeit zu mir nehmen, ohne dass ich Angst habe, mich zu verschlucken. Durch die vielen Schläge auf meine Ohren habe ich ein ständiges Summen in den Ohren. Nachts springe ich ständig aus dem Bett, weil ich träume, dass ich ertrinke.

1968 habe ich den Bauern mit meiner Frau und meinen zwei Kindern besucht. Ich hoffte durch diesen Besuch, vielleicht durch ein Gespräch mit dem Bauern meine Probleme zu lösen. Anstelle eines Gesprächs oder vielleicht einer Entschuldigung bekamen meine zwei Kinder ein Schmalzbrot.

Sie dürfen mir glauben, dass meine Familie bis zum heutigen Tag nichts von dieser Geschichte wusste, da ich mit niemandem darüber sprechen wollte, wie über so manch andere Ereignisse aus dieser Zeit.

[1] Das "Zigeunerlager" Lackenbach im Burgenland, das der Kriminalpolizei-Leitstelle Wien unterstand, wurde im November 1940 als Anhaltelager für österreichische Roma und Sinti errichtet, die in den umliegenden Betrieben auch Zwangsarbeit verrichten mussten. Von den mehreren tausend Häftlingen erlebten nur 300 bis 400 Menschen die Befreiung im April 1945. Rund 250 Personen starben aufgrund der Lebensbedingungen und infolge von Epidemien im Lager selbst, 2.000 Insassinnen und Insassen wurden in das Ghetto Lodz deportiert und später im Vernichtungslager Chelmno ermordet.