Totenwagen. Kindheit am Spiegelgrund
Als die Pflegemutter mit ihm nicht mehr zurecht kommt, gibt sie ihn bei der Kinder-Übernahmestelle ab. Alois Kaufmann kommt in die "Fürsorgeanstalt am Spiegelgrund" in Wien, heute "Am Steinhof". Er war ein "schwer erziehbares" Kind.
Es war das Jahr 1943 und die autoritäre "Fürsorge-Erziehung " vermischte sich mit der Ausgrenzungsideologie der Nationalsozialisten. "Nicht normale" Kinder sollen "normal" gemacht werden oder sie werden als "unwertes Leben" umgebracht. Der neunjährige Alois durchlebt das Eingesperrt-Sein, die erbarmungslose Disziplin, die Erniedrigungen und Entwürdigungen der "Zöglinge". In diesem Buch beschreibt er das, was er zwischen 1943 und 1945 erlebte und viele andere nicht überlebten, aus der Sicht eines Kindes.
Seine Ängste, die Entwürdigungen, die Gewalt der Kinder untereinander, ihre Überlebensstrategien werden dabei erschreckend deutlich und nachempfindbar. Und er schildert auch die Ärzte und Schwester in Weiß mit ihren Spritzen, die über Leben und Tod der Kinder entschieden. Unter ihnen auch Heinrich Gross.
Kaufmann beschreibt seinen Schreibprozess als "...jetzt raspel ich mir das ab von der Seele ohne daran zu denken, was daraus werden könnte." Es wurde ein berührender Bericht, der sowohl dem eigenen Nicht-Kind-Sein-Dürfen ein Mahnmal setzt, wie auch "diesen armen Hunden, die am Spiegelgrund umgekommen sind".
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Mandelbaum Verlags.
Alois Kaufmann: Totenwagen. Kindheit am Spiegelgrund. Mit einer historischen Nachbetrachtung von Peter Malina, Wien 2007, 125 Seiten.
- Es ist sehr spät. Aber nicht zu spät
- Den Teufel Rausprügeln
- Der Führer
- Mein Freund Reisenbaum
- Der Totenwagen
- Der Oberarzt
- Die Weihnachtsfeier
- Ordnung und Sauberkeit
- Badetag
- Der Oberarzt und der "Judenbub"
- Besuchstag
- Der Bettnässer
- Hunger
- Die Lehrerin
- Der Spaziergang
- Spiele
- Herbert Reisenbaums Abgang
- Schwester Funk
- Fliegeralarm
- Zisel und die Sexualität
- Die Stunde Null
- Vater
- Die neue Zeit
- Schatten
- Rekapitulation
- Gedanken danach
- Nachwort von Peter Malina: Dem Vergessen überlassen?