Kurt N.

So kam der März 1938

Kurt N. wurde 1918 in Wien als Sohn jüdischer Eltern geboren und war 1938 in der kleinen Weberei seiner Eltern tätig. Nach einem missglückten Fluchtversuch im Mai 1939 konnte er nach Schweden emigrieren.

Da meine Eltern schon vor März 1938 ihr Geschäft am Schwendermarkt in Wien aufgeben mussten und auch ich zu dieser Zeit mit meiner Arbeit in einer Weberei im Waldviertel aufhören musste, begannen wir mit der Erzeugung von so genannten Fleckerlteppichen. Zuerst mit nur einem Handwebstuhl und dann mit einem zweiten. Mein Vater mietete ein Lokal in der Mollardgasse. Ich kann mich erinnern, dass das Lokal im Erdgeschoß war, ich glaube im Hinterhof […].

Mein Vater kaufte als Rohmaterial Textilabfälle bei Erzeugern von Unterwäsche. Dieses wurde dann als Heimarbeit außer Haus zugeschnitten und in langen Streifen zusammengenäht. Ich bereitete die Webstühle vor.

Weiters erinnere ich mich ganz genau, dass alles, was wir erzeugen konnten, an einen einzigen Kunden verkauft wurde, und zwar an ein zu dieser Zeit neues und kleines Warenhaus auf der Mariahilfer Straße, gegenüber vom Haydn-Denkmal. Ich erinnere mich deshalb so genau, da ich selbst die Teppiche à 10 Stück geliefert habe, also von der Mollardgasse zur Mariahilfer Straße getragen habe.

So kam der März 1938, und am Anfang gab es keine Änderungen, und ich kann mich nicht erinnern, wie lange es so war, und auch nicht, unter welchen Umständen das Ende kam, nur dass es plötzlich gekommen ist und dass meine Eltern große Angst hatten.

1938

Einige Verhaftungen, aber immer nach Stunden wieder freigelassen. Eins der Lokale war in der Sonnenhofgasse, gegenüber der Kirche in der Schönbrunner Straße im 5. Bezirk.

Im Sommer Flucht über die Schesaplana von Nenzing in Vorarlberg nach Schiers in der Schweiz, aber von dort nach einer Woche im Arrest wieder ausgewiesen und in Buchs, Kanton St. Gallen, der SS übergeben.

Danach einige Wochen im Gefängnis in Feldkirch (Vorarlberg) eingesperrt.

1939

Im Mai Erhalt eines Visums für Schweden. Seither in Schweden wohnhaft.

In den ersten Jahren der Emigration und während der Kriegsjahre habe ich, so wie alle anderen in meiner Situation, ständig in Angst gelebt. Die Unruhe für Verwandte und Freunde, aber auch Heimweh machten ein normales Leben unmöglich.